LUKULL

Skeptisch philosophieren

 
Dr. phil. Lukas Germann & Dr. phil. Ulla Schmid

Dr. phil. Lukas Germann & Dr. phil. Ulla Schmid

 

Lukas über Ulla

Ulla Schmid ist freischaffende Philosophin und angehende Ärztin. In beiden Berufen ist sie aber auch jemand, die das, was die Autoritäten der jeweiligen Disziplinen für wahr ausgeben, durchleuchtet und skeptisch hinterfragt. Geprägt von der Philosophie Ludwig Wittgensteins hat sie ein sprachkritisches Denken entwickelt, welches ein allzu einfaches Verständnis von Sprache als etwas, das eine nicht sprachliche Wirklichkeit repräsentiert, grundsätzlich in Frage stellt. Als entschiedene Skeptikerin dekonstruiert sie alles, was als Wesen oder Essenz behauptet wird, und macht solche metaphysischen Versatzstücke nicht nur in Religion und Philosophie, sondern auch in den Naturwissenschaften oder der Politik aus.

Durch ihr Studium der Philosophie und der Kulturwissenschaften in Marburg, Leipzig, Basel und Edinburg sowie ihre Arbeit als Assistentin von Hans Sluga in Berkeley kennt sie sich sowohl in der deutschsprachigen wie in der angelsächsischen Philosophie bestens aus. Mit einer Arbeit über Moore's Paradox hat Ulla 2012 bei Emil Angehrn in Basel promoviert. Das Zweitstudium der Humanmedizin, das sie anschliessend in Angriff genommen hat, bedeutet dabei keine gänzliche Abkehr von der Philosophie, sondern bietet im Gegenteil Stoff für die Ausweitung eines philosophisch-skeptischen Denkens auf neue Gebiete.

Die Lust am Zweifel und die Freude am Andenken gegen Dogmen und Scheinwahrheiten aller Art liess uns über unterschiedliche philosophische Traditionen hinweg zu einem gemeinsamen dialogischen Denken finden, das sich thematisch von abgelegenen philosophischen Fragestellungen, über Gesellschaft und Politik bis hin zu Problemen der Existenz oder des schlichten Alltags bewegt. Ulla versteht es dabei sowohl die Skepsis um immer noch weitere Schlaufen zu erweitern und den Zweifel selbst wieder in Zweifel zu ziehen, als auch philosophisches Grübeln mit Humor und einem Sinn für Selbstironie zu verbinden. Dass der Skeptikerin und dem Skeptiker zuweilen ob allem Zweifeln auch der Boden unter den Füssen zu entgleiten droht, kann sie nicht ängstigen, denn an den Blick in Abgründe ist sie als jemand, die gerne auf hohe Engadiner Berge klettert,  gewohnt.

Ulla liebt auch scharfes (wirklich scharfes!) Essen, Sirup, schwere Weine, Single Malt Whiskys, Filme sowie gute Bücher nicht nur philosophischer Art und – da tun sich nun die Widersprüche zu mir auf – sie mag unverständlicherweise Hunde lieber als Katzen. 

 

Ulla über Lukas

Lukas Germann ist freischaffender Philosoph und gymnasialer Deutschlehrer. Er wuchs unter Katzen in der Nähe von Sargans auf, las Camus und Nietzsche und studierte in Zürich Germanistik und Philosophie. Während und nach dem Studium arbeitete er im Zürcher Literaturmuseum Strauhof, wo er sich insbesondere um das literarische Interesse unzähliger Schulklassen verdient machte. In seiner Doktorarbeit ‚Die Wirklichkeit als Möglichkeit. Zum revolutionären Potential filmischer Ästhetik’ (diaphanes 2016), die er in Basel bei Emil Angehrn schrieb, untersucht er die Wahrnehmung der Wirklichkeit im Film und spürt so den verborgenen Möglichkeiten der Wirklichkeit nach. In seinem Buch zeigt sich sein enzyklopädisches Wissen der Filmgeschichte ebenso wie seine philosophische Herkunft in kritischer Theorie und marxistischer Philosophie.

Lukas Philosophieren ist wesentlich skeptisch: Es besteht darin, althergebrachte und als solche liebgewordene Ideen, Denk- und Handlungsweisen pointiert zur Sprache zu bringen, kritisch zu hinterfragen und schliesslich lustvoll zu demontieren. Es geht ihm um Emanzipation – darum, die Möglichkeitsspielräume für das Denken und Handeln zu erweitern. Lukas lotet das philosophisch und menschlich Abgründige aus und bemüht sich um die Anerkennung und ggf. Rehabilitation der Schmuddelkinder gesellschaftlicher, politischer und philosophischer Diskurse. In der oftmals schwarzhumorigen Auseinandersetzung und im durchaus ernsthaften Spiel auch mit radikal anderem liegt für Lukas das Potential, sich selbst immer wieder neu zu verorten, um sich doch mit immer wieder denselben Anliegen zu finden. Lukas wehrt sich entschieden dagegen, auf eine Identität festgelegt zu werden, von Autoritäten jedweder Couleur Sein, Denken und Tun vorgeschrieben zu bekommen. Das verbindet uns ebenso wie der Wille, die Art und Weise, in denen Wirklichkeit wahrgenommen, (re-)präsentiert und so in Form gegossen wird, zu entzaubern. Die Schärfe von Lukas Argumenten wiederspiegelt sich in der Schärfe seines Essens, der nicht nur sein Denken begleitende Rauch in der Rauchigkeit seines Whiskys. Auch hier zeigt sich das uns Verbindende. Die Grenze sinnvollen Philosophierens – vielleicht auch die Grenze sinnvollen Lebens überhaupt – ist für Lukas die Ironiefreiheit: Der Zustand, in dem der Humor abhanden und die Reflexion zum Stillstand gekommen ist. Gegen diese Grenze aus verschiedenen Richtungen anzurennen, liegt am Grund unserer Auseinandersetzungen und unseres gemeinsamen Philosophierens.